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Gruppenbild der Kindergartengruppen: Blume Regenbogen Schmetterling Schnecke
50 Jahre Kindergarten St. Pius im Jahr 1998

Geschichte des Ortes bis zu den Anfängen des Kindergartens Kontinuität und Wandel

von Annette Eickeler

Kommt man von der Neustadtstraße in die Schlesierstraße, so meint man, die Zeit wäre stehengeblieben. Links und rechts stehen die Baracken, fast wie vor 50 Jahren, sogar die Stromversorgung befindet sich noch über Tage. Im Gegensatz zur baulichen Kontinuität haben sich die Nutzungen im Laufe der Kriegs- und Nachkriegszeit gewandelt.

Kann man sich jetzt noch in die vergangene Zeit hineinversetzen, so wird sich das gesamte Gebiet in naher Zukunft verändern, wenn auch die evangelische Kirche und der Kindergarten St. Pius neu gebaut werden. Zusammen mit dem Ausbau der Schule könnte das Gebiet das kulturelle und soziale Zentrum der Neustadt werden.

Auf den Feldern des Gibitzbühel wurden im Herbst 1939 im Zuge der Errichtung des Kriegsgefangenenmannschaftsstammlagers VII/A die Unterkünfte für die Wachmannschaften des Landesschützenbataillons 512 als Steinbaracken gebaut. Die jetzige Kindergartenbaracke diente als Lazarett. Außerdem waren hier Arrestzellen untergebracht.

Nach der Übergabe des Stalag VII A an die Amerikaner am 29. April 1945 wurde das Kriegsgefangenenlager in ein Internierungs- und Arbeitslager "Civilian Internment Camp No. 6" umgewandelt. An das bayerische Staatsministerium für Sonderaufgaben Abt. VI, Internierten- und Arbeitslager wurde es am 10. Oktober 1946 übergeben.

Das "obere Lager" diente als Unterkunft für die Bewachungsmannschaften, zuerst der amerikanischen, später der deutschen und 1947 auch der polnischen.

Leider konnte die Funktion der Kindergartenbaracke, ob weiterhin Lazarett oder Lagerspruchkammer, in dieser Zeit nicht geklärt werden.

Während das "untere Lager" am 12. Mai 48 für die Einweisung von Flüchtlingsbetrieben freigegeben wurde und dem Landesamt für Vermögensverwaltung unterstand, wurde das "Polizeilager" noch vom Sonderministerium für Zwecke der Lagerspruchkammer Dachau - Moosburg und der Lagerwachschule gebraucht.

Aber schon am 10. Juni 48 übernahm der Kreisbeauftragte für Flüchtlingswesen in Stadt und Landkreis Freising das "obere Lager" als Wohnsiedlung. Herr Schwenke hatte damals bereits die Notwendigkeit eines Kindergartens für Flüchtlingskinder erkannt, bevor Stadtpfarrer Schiml im November 48 den Antrag auf Errichtung eines Caritaskindergartens im Kartoffeleinlagerungsraum stellte.

Diesen Antrag mußte Pfarrer Schiml nochmals an die Stadt stellen, da die Wohnsiedlung im Januar 49 an die Lagerverwaltung der Stadt (Verwalter Kafurke) übergeben wurde.

Am 17. Juli 49 wurde der Kindergarten in der Eichenstraße 10 (ab 1958 = Schlesierstraße 4) eröffnet und eingeweiht. Vom Garten aus ging man durch den Flur in den ca. 80 qm großen Raum (jetziger Raum von Frau Bohatschek), in dem ein offener Kamin war.

In der Baracke befanden sich neben Wohnungen noch das Edekageschäft Guido Kaes, später eine Filiale des Bäckers Grzembke und der Bader Meier. Die Vielzahl von Geschäften und Handwerksbetrieben in der Wohnsiedlung zeigen die Schneiderei Heinrichs, das Milchgeschäft Scherer, die Metzgerei König, ein Textilgeschäft, eine Hebamme, die Gaststätte Beiers Neue Welt und die Badeanstalt Kabitz usw. Da die sanitäre Ausstattung der Baracken mit heute nicht zu vergleichen ist, - man holte das Wasser vom Klo- und Waschraum am Ende der Baracke in die Wohnungen, - kamen viele Leute zum Baden ins Wannen- und Brausebad, wo die Wanne 1,50 DM und die Brause 0,80 DM kostete.

Die Kinder hatten ein unbeschwertes Leben, denn es gab Anfang der 50ger kaum ein Auto. Sie spielten Räuber und Gendarm, erkundeten die Bunker, liefen Rollschuhe, hüpften Gummi, holten die Milch beim Rockermeier, schaukelten in der Trauerweide und lernten Tennis und Schlittschuhlaufen auf dem Eisplatz.

Allen, die mir durch ihre Informationen geholfen haben, diesen Bericht zusammenzustellen, möchte ich herzlich danken.
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Zuletzt bearbeitet am 1. 8. 1998 von Wolfgang Müller (E-Mail);
Geändert am 15.11.1999 von Franz Märkl 

mit freundlicher Genehmigung des Kindergartens St. Pius Moosburg.