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Internierungslager: Zeitzeugen


Frau E. B.

Bericht einer Frau über ihre Inhaftierung

"Während des Krieges war ich Leiterin der Frauenschaft in meinem Heimatort. Ich habe mich immer korrekt verhalten und bin mir keiner Schuld bewußt.

Anfang Juni 1945 wurden mein Mann Franz B. und ich von Amerikanern während der Heuernte verhaftet. Wir waren gerade beim Heuabladen. Mitnehmen konnten wir nichts! Zuerst kamen wir 4-5 Tage nach Starnberg ins Gefängnis. Dort war ich mit einer damals ca. 40jährigen Prinzessin in einer Zelle, die ebenfalls nach Moosburg kam. Von Starnberg wurden wir dann auf einem Lastwagen ins Lager Moosburg transportiert. Zu Hause befand sich auf dem Hof nur unsere Dienstmagd. Als wir durch München fuhren, ließ ich heimlich einen Zettel vom Lastwagen fallen, den ich mit einer mir bekannten Münchner Adresse versah und um Benachrichtigung unserer Angehörigen (Geschwister) bat. Der Zettel wurde tatsächlich gefunden und so wußte man zu Hause wenigstens, wo wir uns befanden. Nach 3 Monaten wurden wir wieder nach Hause entlassen. Zu Hause waren wir 3-4 Wochen.

Im September 1945 wurden wir erneut ohne Angabe von Gründen verhaftet und wieder auf einem Lastwagen mit anderen Personen ins Lager Moosburg gebracht. Mein Mann kam ins Männerlager und ich ins Frauenlager. Die 2 Frauenbaracken waren nicht numeriert. Die Verpflegung im Lager Moosburg war sehr schlecht. Morgens gab es Tee und mittags eine grundsätzlich salzlose, wässerige Suppe. Sonst bekamen wir nichts. Ich erinnere mich an eine sogenannte Erbsensuppe, in der so viele kleine Würmer waren, daß es unmöglich war, sie herauszufischen. Wir hatten keinerlei Besteck, zum Essenfassen hatten wir nur eine alte Blechbüchse. Die Männer fertigten für uns aus alten Blechbüchsen Bestecke und Eßteller an.

Die ersten drei Monate mußten wir auf dem Boden schlafen. Ab ca. November 1945 bekamen wir dann Holzgestelle. In der Behandlung war zwischen Männern und Frauen kein Unterschied. Auch wir mußten bei strömendem Regen am Appellplatz stehen.

Eine ca. 55jährige Frau aus unserem Block kam eine Nacht in Einzelhaft. Als sie zurückkam, war sie verrückt. Sie sagte, die ganze Nacht kamen Amerikaner über sie, fing plötzlich an zu jodeln, tanzte herum und benahm sich vollkommen wirr. Sie kam dann schnell weg und wir haben nie mehr etwas von ihr gehört. Auch der Filmschauspieler Eichheim aus dem Männerlager soll dort wirr geworden sein. Lagerinsassen erzählten uns, er sei mit Ketten ans Bett gefesselt worden.

Von der Nähstube aus, die sich beim Männerlager in der Nähe der Einzelzellen befand, sah ich ca. 1 Stunde, wie ein Mann in der prallen Sonne stehen mußte. Wenn er wiederholt zusammenbrach, wurde er geschlagen. Ein Mann, der aus der Einzelzelle Asche heraustragen mußte, wurde dabei brutal geschlagen.

Die Lagerverpflegung war immer schlecht. Die Situation wurde nur dadurch besser, als wir später Päckchen von zu Hause bekamen. Unter Aufsicht eines Postens durften ca. 10 Frauen Brennesseln und Löwenzahn pflücken, die wir roh gegessen haben.

Im Lager waren Frauen jeden Alters. Junge BDM-Mädchen ebenso wie zwei 74 Jahre alte Frauen. Insgesamt waren nach meiner Erinnerung ca. 300 Frauen im Lager.

Entlassen wurde ich im Lager Moosburg nach 11 Monaten. Mein Mann Franz B. wurde erst nach 22 Monaten unschuldig erlittener Haft aus dem Lager Moosburg entlassen. Es war in dieser Zeit sehr schwer, den Hof zu erhalten. Die ungerechte Zeit im Lager Moosburg haben mein Mann und ich nie ganz überwunden.

15.11.1986
E. B."

* Quelle:

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