Kriegsgefangenenlager: Literatur |
Wolfgang
Stadler: Hoffnung Heimkehr. Colditz: Swing Druck GmbH 2000 ISBN 3-9807514-0-6 343 Seiten, Schwarzweißabb., gebunden, 18,50 Euro (Verlagsinformationen) Im Jahr 2000 strahlte der Mitteldeutsche Rundfunk eine dreiteilige Dokumentarreihe über "Soldaten hinter Stacheldraht" (Internet Archive) aus, die sich den elf Millionen deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkriegs widmete. Die drei Filme gingen den sehr unterschiedlichen Schicksalen der Soldaten in sowjetischen bzw. westalliierten Lagern nach, und beleuchteten auch die Lage der sogenannten "Spätheimkehrer". Archivmaterial und Aussagen von Betroffenen waren Quellen für die Autoren um den Kriegsgefangenen-Forscher Rüdiger Overmans. Einer der im Film auftretenden Zeitzeugen war der 1924 in Sachsen geborene Wolfgang Stadler. Als Achtzehnjähriger nahm Stadler mit einer Fahrradabteilung des Reichsarbeitsdienstes am Rußlandfeldzug teil, entkam dem Kessel von Stalingrad, nur um 1944 als Wehrmachtssoldat vor Leningrad in sowjetische Gefangenschaft zu geraten. Die nächsten Jahre fanden ihn in verschiedenen Lagern wieder, vor allem im westsibirischen Asbest, wo er mit Tausenden anderer deutscher Kriegsgefangener das gleichnamige Mineral abbauen mußte. Erst 1949 wurde er freigelassen und konnte nach Deutschland zurückkehren - nach Colditz in Sachsen, wo während des Krieges ironischerweise ein deutsches Gefangenenlager eingerichtet war. Schon während des Krieges führte Stadler Tagebuch und ergänzte es nach seiner Heimkehr mit Notizen über die Gefangenschaft. Nach ersten Veröffentlichungen in Regionalzeitungen liegen seine persönlichen Erinnerungen nun in Buchform vor - illustriert mit zahlreichen Fotos und Zeichnungen, meist aus dem Besitz des Autors. Ausführlich und lebendig beschreibt Stadler seine Jugend im aufkeimenden Nationalsozialismus, den Arbeitsdienst, die Zeit in der Wehrmacht sowie seine Gefangenschaft und die Zeit danach. Den breitesten Raum nimmt die Schilderung der Verhältnisse in der "weißen Hölle" von Asbest ein. Unverblümt berichtet Stadler von unmenschlichen Arbeitsbedingungen, von Hunger, Kälte und Tod. Der Gefangene muß sich einer lebensbedrohlichen Operation unterziehen, macht sich Gedanken über die Propaganda deutscher Antifaschisten, übersteht Fleckfieber, Unterernährung, Nachtblindheit und Asbeststaub. Und doch lebt er in der jahrelangen Ungewißheit, ob er seine Heimat jemals wiedersehen wird. Wolfgang Stadler begreift sein Buch jedoch keineswegs als Abrechnung mit dem einstigen Kriegsgegner. Ihm ist schon im Lager bewußt, daß seine Gefangenschaft letztlich eine Folge des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion war. Sachlich stellt er gegen Ende seiner Aufzeichnungen fest: "Annähernd eine Million deutscher Kriegsgefangener starben in sowjetischen Lagern und fast drei Millionen russische Kriegsgefangene verendeten hinter deutschem Stacheldraht". Und beinahe entschuldigend fügt er später an: "Vielleicht scheinen einige Passagen von Erinnerungsoptimismus geprägt. Aber Pessimismus war mir selbst in den schwersten Stunden fremd." Seine fehlende Bitterkeit liegt vielleicht auch daran, daß es für ihn ein zweites Leben nach der Befreiung gab, im Gegensatz zu vielen anderen, die als "Spätheimkehrer" in eine ihnen fremde Welt kamen, in der sie sich nicht mehr zurechtfanden. |
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