Stalag VII A: Lagerleitung |
Die Lagerkommandanten Hans Nepf und Otto Burger
Es ist bemerkenswert, daß es im Moosburger Kriegsgefangenenlager Stalag VII A von Herbst 1939 bis Ende April 1945 - also über einen Zeitraum von gut fünfeinhalb Jahren - nur zwei Kommandanten gegeben hat. Der eine war Oberst Hans Nepf, von Beginn an für Standortsuche, Errichtung des Lagers sowie dessen Belegung und Verwaltung verantwortlich. Er war bis 1943 im Dienst und wurde dann von Oberst Otto Burger abgelöst, der am 29. April 1945 das "Camp" den Amerikanern übergab und anschließend mit seinen Offizieren und Mannschaften in Gefangenschaft kam. Ein Vergleich der beiden Männer in bezug auf ihre Charaktere soll hier nicht gezogen werden. Auch was die Problematik ihrer Aufgabenstellung betraf, ist eine Analyse nur schwer möglich. Auf den ersten Blick mag es so erscheinen, als habe Nepf den angenehmeren Part erwischt. Es darf aber nicht vergessen werden, daß er unweit der Isarauen innerhalb kürzester Frist eine Unterbringungsmöglichkeit für Tausende von Gefangenen quasi aus dem Boden stampfen mußte. Dafür bedurfte es einer gehörigen Portion an Organisationsgeschick und Durchsetzungsvermögen. Der zweite Kommandant, Oberst Otto Burger, war an sich nur halb so lang für das Stalag VII A zuständig, dafür aber in der dramatischen Endphase des Zweiten Weltkrieges. Damals platzte das einst für 10.000 Mann konzipierte Lager längst aus allen Nähten. Unter Burger befanden sich im Frühling des letzten Kriegsjahres 60.000 bis 70.000 Gefangene hinter Stacheldraht. Beim Heranrücken der US-Truppen sah er sich mit einem echten Entscheidungsnotstand konfrontiert. Zum einen gab es Befehle, die nicht mehr militärisch fundiert, sondern bereits von der NS-Führung unter dem Wahn des "Endsieges" geprägt waren. Otto Burger besaß die nötige Courage, dem eigenen Gewissen zu folgen und dte humanitäre Lösung zu suchen. Von Hans Nepf ist bekannt, daß ihm Zeitungen "Kopf und Herz des alten deutschen Offiziers" bescheinigten. Er soll für gute Unterbringung seiner deutschen Soldaten und der Kriegsgefangenen gleichermaßen gesorgt haben. Anfang der vierziger Jahre war berichtet worden, das Stalag VII A sei "mit seinen schönen Anlagen und Einrichtungen das vorbildlichste Gefangenenlager in Deutschland". Eine solche Klassifizierung konnte gegen Kriegsende zwangsläufig nicht mehr gelten, wenn man an die Überbelegung durch weitere Zehntausende von Angehörigen aller Nationalitäten denkt. Als Oberst Nepf 1943 seinen Abschied nahm, soll ihn zu diesem Entschluß auch die Tatsache bewogen haben, daß er bei Münchner NSDAP-Stellen wegen seiner zu anständigen Umgangsform den Gefangenen gegenüber in Kritik geraten war. Er wohnte mit seiner Frau bis Ende der vierziger Jahre noch in Moosburg und starb im September 1952 im Alter von 73 Jahren in Garmisch. Otto Burger, 1888 in Immenstadt geboren, verbrachte seine Jugendzeit im Allgäu und in Oberammergau. Er war als Elektroingenieur bei den Isar-Amperwerken beschäftigt, bis der Offizier von 1914/18 im Zweiten Weltkrieg wieder aktiv wurde. 1944 wurde er als Nachfolger von Nepf Lagerkommandant. Ihm oblag es vor allem, die immer prekärer werdende räumliche Enge für die massenhaft ins Stalag VII A strömenden Kriegsgefangenen sowie deren Verpflegung in den Griff zu bekommen. Im Jahre 1964 starb Otto im Alter von 76 Jahren. Seiner darf vor allem in Moosburg, wo er mit seiner Familie bis 1957 wohnte, in Dankbarkeit gedacht werden. Er erfreute sich in der Bevölkerung der Stadt Moosburg allgemeiner Sympathien. Seine Frau wirkte hier in ihrem Beruf als Lehrerin. Der Sohn Willy, heute in München als Rechtsanwalt und Bankdirektor tätig, besuchte in Moosburg die Volksschule und später in Freising das Gymnasium. Anfang 1945, so erfährt man aus Burgers Aufzeichnungen, sei der NS-Gauleiter als Reichsverteidigungskommissar praktisch der allein maßgebende militärische Führer gewesen. Jeder Soldat habe ihm Gehorsam leisten müssen. Auch schon der Anschein von Befehlsverweigerung habe sofortige Erschießung oder Erhängung zur Folge gehabt. "Man kann beinahe sagen, daß damals jeder jeden erschießen lassen konnte, wenn er nur behauptete, es handle sich um einen Verräter, Saboteur, Kriegsverweigerer, Deserteur oder Spion." Vor diesem Hintergrund kann der Mut Burgers gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Er und seine Männer von der Lagerkommandatur unternahmen alle Anstrengungen, um die Kriegsgefangenen aus diesem Hexenkessel unbeschadet den anrückenden US-Truppen von General Patton übergeben zu können. Wie schwierig das war, kann man einigermaßen verstehen, wenn man weiß, daß das Stalag VII A von fanatisierten Kräften umgeben war. Wiederholt meldeten sich Gestapo-Funktionäre und andere NS-Amtsträger, um Druck auszuüben. Nur mit Mühe gelang es Burger, den Gefangenen klarzumachen, daß sie bis zuletzt ausschließlich innerhalb des Lagers geborgen waren. Indem er rechtzeitig, unter Einschaltung gefangener Offiziere, die Verbindung zu den US-Kampftruppen herstellte, dürfte Oberst Otto Burger zahlreichen Menschen, ob Zivilisten, Gefangenen oder Soldaten auf beiden Seiten, das Leben gerettet haben. Nicht auszudenken, was bei einer Beschießung der Stadt passieren hätte können. Durch sein mutiges Eintreten an jenem schicksalsträchtigen Sonntag im April 1945 hat sich der Kommandant des Stalag VII A um Moosburg verdient gemacht. - Walter Beer
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Text: Walter Beer - Zuletzt bearbeitet am 17.6.1999 vom © WebTeam Moosburg (E-Mail) - Es gilt das Urheberrecht! |