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Internierungslager: Zeitzeugen


Paul Schmidt

Quelle:
Paul Schmidt: Erinnerungsbuch

Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von © Dr. Peter Schmidt.

Die Verhältnisse im Lager

Arbeitsbescheinigung Am 1. August 1947 wurde Paul Schmidt vom Internierten-Bürgermeister die im Lager abgeleistete Arbeit bestätigt. (Bild vergrößern).

Darüberhinaus führte Schmidt eine Arbeitsstatistik über das Internierungslager:



Arbeitsstatistik

Stichtag 21.7.1947

Im Internierungslager Moosburg      4862 Mann
Im Vorlager und Polizeilager          87 Mann
Rein verlegten Aussenkommandos       887 Mann
                                    _________
                                    5834 Mann
Davon in Arbeit
   Internierungslager               2142 Mann
   Vorlager und Polizeilager          87 Mann
   Ständige Aussenkommandos          887 Mann
                                    _________
                                    3114 Mann = 54 %

Arbeitsfähig
   Internierungslager               2954 Mann
   Vorlager und Polizeilager          87 Mann
   Aussenkommandos                   885 Mann
                                    _________
                                    3926 Mann = 65 %

Arbeitsbeschränkt                   1256 Mann = 24 %
Arbeitsunfähig                       659 Mann = 11 %
   (davon im Lazarett                431 Mann)

Ergebnis
   Arbeitsfähig                     3926 Mann
   in Arbeit                        3114 Mann
   keine Arbeitserlaubnis            400 Mann
                                    _________
                                    3514 Mann = 90 %

Wegen politischer Belastung oder Geburt im Ausland
dürfen rund 400 Internierte nicht zur Aussenarbeit
eingesetzt werden.

Statistik für die 4862 Mann im Internierungslager

Alterstufe                        davon in Arbeit

unter 20 Jahre        1
   20-30 Jahre      143 =  3 %      80 = 56 %
   30-40 Jahre      995 = 21 %     526 = 53 %
   40-50 Jahre     2093 = 42 %     990 = 47,5 %
   50-60 Jahre     1391 = 29 %     493 = 30,5 %
   60-65 Jahre      225 =  5 %      53 = 25 %
 über 65 Jahre       95

Eine weitere von Paul Schmidt aufgestellte Statistik betrifft die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Internierten:

Die soziele Lage der Internierten des Lagers Moosburg
und ihrer Familien

Erfasst: 6969 Internierte        Stand: 5.3.1947

   I. Vormerkung: draußen ausnahmlos irrige Ansicht über
      die soziale Lage der Internierten und ihrer Familien.
      In Moosburg überwiegend kleine Leute; früher in
      bescheidenen Verhältnissen; geringe Ersparnisse
      aufgebraucht; Verlust von Wohnung, Heim und Kleidung.

  II. Berufsschichtung und früheres Einkommen der Internierten

      ungelernte Arbeiter          1,5 %
      Handwerker                  22,0 %
      Bauern                      13,5 %
      kaufm. Angestellte          17 %
      Beamte                      30 %
      freie Berufe                16 %

      Monatseinkommen

      bis   300 RM                47 %
      bis   500 RM                33 %
      bis  1000 RM                16 %
      über 2000 RM                 1,5 %

 III. Zahl der Familienangehörigen
      unterhaltspflichtig für erwerbsunfähige

      Ehefrauen                   4357
      Kinder                      5829  gesamt 11246
      Eltern                       923
      Kriegsbeschädigte            135

[...]

  VI. Hausratsverhältnisse der Familien

      ohne Hausrat                  25 %
      notdürftig                    35 %
      für einf. Haushalt ausreich.  40 %

      Verlust des Hausrats erfolgte durch

                        vollständig  teilweise
      Kriegsereignisse  690 = 12 %    686 = 12 %
      Flucht            618 = 10 %    149 =  2 %
      Beschlagnahme     488 =  8 %   1075 = 18 %
      Plünderung        354 =  6 %   1075 = 18 %

 VII. Bekleidungsverhältnisse

      589 Familien nur die Bekleidung, die sie am Leibe tragen
      nur 1 Hose                487
      nur 1 Unterhose           271
      nur 1 Paar Strümpfe       310
      keinen Privatanzug        355
      kein Handtuch             195
      keine Lederschuhe         207

VIII. Besondere Lage der Flüchtlinge

      Interniert 478 Flüchtlinge aus Ostgebieten und Volksdeutsche
      Ernährer von 1986 Familienangehörigen
      Zu 253 Familien noch keine Verbindung
      Auf der Flucht gestorben oder ermordet  369 Angehörige
      Selbstmord                               74 Angehörige
      Vergewaltigt                             92 Angehörige
      Vermisst                                375 Angehörige

  IX. Schlusswort

      Beispiele zu VIII:

      a) Ostflüchtling - Ehefrau und 5 unmündige Kinder -
         Verlust des gesamten Eigentums - Ehefrau kriegsverletzt,
         arbeitsunfähig - keine Fürsorgeunterstützung

      b) schwerstkranker Flüchtling - Ehefrau und 4 Kinder von
         1 bis 6 Jahren - Frau kriegsverletzt, arbeitsunfähig -
         1 Kind Tbc, 2 weitere Kinder in ständiger ärztlicher
         Behandlung - Fürsorge 85 Mark, davon Miete und Arzt

      c) Ostflüchtling - Ehefrau, Schwester, 6 Kinder von 6  bis
         15 Jahren - alles verloren - Frau Venenentzündung -
         2 Kinder Lungentyphus - Ostzone - keine Fürsorge

Unsere TotenEine andere Übersicht gilt den 1945 und 1946 im Lager umgekommenen Gefangenen: fünf wurden erschossen (darunter Stanislaus Schmid), einer erschlagen, einer aufgehängt, vier sind verhungert, fünf begingen Selbstmord, und "weitere 45 Kameraden starben im Lagerhospital" (Bild vergrößern).

Dieselbe Liste veröffentlichte Schmidt 1964 in der Zeitschrift "Das freie Wort" mit dem Zusatz: "Vielleicht interessiert Sie die Abschrift einer mit Trauerflor umkränzten Holztafel, die an jenem Tage im Lager aufgestellt war."



Ärztliche BescheinigungZur Entlassung aus dem Lager am 24. März 1946 erhielt Paul Schmidt ein ärztliches Attest, in dem ihm bescheinigt wurde, daß er "am 1.3.1948 während des Arbeitseinsatzes im hiesigen Lager einen Arbeitsunfall" hatte und sich dabei Fersen- und Wadenbein brach, was zu "starken Blutungen" führte. (Bild vergrößern).



Ärztliche Bescheinigung Da die Behandlung der Verletzung noch nicht abgeschlossen war, blieb Schmidt "weiterhin noch auf mehrere Wochen arbeitsunfähig und nur beschränkt gehfähig". (Bild vergrößern).



AntragPaul Schmidt besaß nach der Lagerhaft nur seine Uniform und ließ sich deshalb mit einem "Antrag auf Erteilung eines Bezugsscheines auf Spinnstoffwaren" "1 Anzug aus Stoff" zuteilen. (Bild vergrößern).



* Quellen:

  • Paul Schmidt: Erinnerungsbuch
  • E-Mails und CDs mit Bildern von Dr. Peter Schmidt, Haltern, an Moosburg Online, März-April 2002.

    Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von © Dr. Peter Schmidt.

    Bearbeitet von Werner Schwarz.

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